Vortrag “Visuelle Kommentare, von Polaroid bis Instagram” von Anika Meier im Westlicht

20180208_043748_westlicht_visuelle_kommentare_2080006.jpg

Smartphones und die Sozialen Netze Facebook, Flickr, YouTube, Twitter und Tumblr führten bekanntermaßen zu einer starken Zunahme von Bildern im Internet (so genannter user generated content). Instagram verstärkt diesen Trend nun seit 2010 noch erheblich und führte dazu, dass eine Flut von Selbstdarstellern die Netze mit Alltäglichem und Banalem überschwemmen. 


Vortrag von Anika Meier

Anika Meier, freie Autorin und Kuratorin in Hamburg, schreibt u.a. für das Monopol Magazin und hielt zu diesem Thema am 7. Februar 2018 einen Vortrag im Westlicht. In Instagram findet man sie unter @anika, ihr Twitterhandle ist @arte_fakt. Sie ist außerdem Gründerin des Kollektivs "This Ain’t Art School" (@thisaintartschool), das sich auf Instagram mit fotografischen Fragestellungen befasst.
 

Wie verändern die sozialen Netze die Fotografie?

Und wie verwenden Künstler Instagram? Auf diese Fragen gab es mehrere vorgestellte Ansätze.

1) Instagram zeigt nicht das Werk

Fotografen posten keine Arbeiten in sozialen Netzen, sondern visuelle Eindrücke und Kommentare. Ihre Arbeiten finden sich weiterhin in Ausstellungen und Büchern. Gezeigt werden jedoch zum Beispiel Vorbereitungen für Ausstellungen, Vorträge und ähnliche Ereignisse im Leben der Fotografen. Als Beispiele könnte man Alec Soth (@littlebrownmushroom) oder Wolfgang Tillmans (@wolfgang_tillmans) nennen.

2) Der Stephen Shore Ansatz

Der bekannte Fotograf Stephen Shore (@stephen.shore) veröffentlicht auf Instagram explizit nur Fotografien, die er für die Plattform gemacht hat. Diese sind ganz bewusst keine komplexen, komponierten oder durchdachten Fotos, sondern unbearbeitete, schnell erstellte Smartphone-Bilder. Er fotografiert damit für das Medium und hat als einziges künstlerisches Konzept, dass er ein Bild pro Tag posten will. Ob die Bilder damit als “künstlerisch” zu beurteilen sind, eben weil man täglich eines postet, sei dahingestellt. Anika Meier meinte sogar, der Instagram Account ihrer Mutter (keine Fotografin!) sähe ähnlich aus wie der von Stephen Shore.

3) Die Community-Fotografen

Der Begriff wurde von Anika gewählt, um Accounts zu bezeichnen, die Fotos posten, deren einziges Ziel es ist, eine hohe Interaktionsrate zu erzielen (also Likes, Comments usw.) Beobachtet man Fotos und ihre Likes, kann man schnell Gemeinsamkeiten erkennen. Als gutes Beispiel:

Was hierbei auch auffällig ist: das Feld wird fast ausschließlich von weiblichen Accounts besetzt. @kassier bewegt sich da auf ähnlichem Terrain, hat aber “nur” 5000 Follower…

Das geht soweit, dass für tausendfach gesehene Motive schon eigene hashtags erfunden worden sind, wie z. B. #thattoweragain für den Fernsehturm in Berlin. Die Verwendung des Hashtags ist insofern interessant, weil man damit eingesteht, dass man einerseits ein schon ausgelutschtes Motiv postet (und damit viele Likes erhofft) und andererseits den Kritikern gleich präventiv den Wind aus den Segeln nehmen will, weil man sich dessen ja ohnehin bewusst sei. Also Mitschwimmen wollen und gleichzeitig (falls man ertappt und darauf angesprochen wird) eine Entschuldigung in petto hat.

4) (Feministische) Netzkunst 2.0, z.B. von Arvida Byström

Am Beispiel von Arvida Byström wird aber auch gezeigt, dass vor allem feministische Künstlerinnen mehr zu sagen haben, als uns der weit verbreitete Lifestylefeminismus glauben macht. Dass Instagram ein Bild offline genommen hat, ist in dem Fall sogar erfreulich, da sie gemeinsam mit Molly Soda ein Buch herausgebracht hat, in dem nur Bilder enthalten sind, die von Instagram entfernt wurden. Selbst wenn Arvida Kooperationen mit bekannten Weltmarken eingeht. 
 

Zusammenfassend

Ähnlich der bekannten Facebook-Echokammer bilden sich äquivalente Gruppierungen auch in Instagram. Wer hier, aus welchen Gründen auch immer, mitschwimmen will und Follower bzw. Likes sammeln will, tut gut daran, den “Geschmack” der User zu analysieren und dann Fotos nach ebendiesem zu produzieren. Mehr vom Gleichen kann nur gut sein!

Neben Ablehnung oder kurzweiligen visuellen Alltagsnotizen kann man aber diese Netze auch dazu nutzen, seine Botschaften a’la Arvida Byström zu verbreiten. Dieser Ansatz ist jedenfalls aktuell eher ein Sonderfall - auch wenn Arvida derzeit 270.000 Follower hat. Und in Zukunft wohl noch mehr haben wird. 

Welchen Weg man persönlich wählt, möchte ich nicht beurteilen. Mein Anspruch kann maximal sein, dass es eine bewusste Entscheidung war. 

Zurück
Zurück

Eine (Musik-)Geschichte des 20. Jahrhunderts: 99 Songs

Weiter
Weiter

Backstage im Theater in der Josefstadt