Orient! Mitten in Baden bei Wien - La Gacilly 2023
Vom 15. Juni bis 15. Oktober 2023 ist das Fotofestival La Gacilly wieder zu Gast in Baden bei Wien. Das diesjährige Thema “ORIENT!” stellt Fotograf*innen aus dem Iran, Afghanistan und Pakistan in den Mittelpunkt.
Wie in den vergangenen Jahren ist die Qualität der Ausstellung, die zur Gänze im Freien stattfindet, extrem hoch - das betrifft sowohl die kuratierten Arbeiten selbst als auch die wirklich gelungene Verteilung der Projekte über die Stadt Baden. Aufgeteilt in eine Stadt- und eine Gartenroute sind rund 1.500 Arbeiten zu sehen - in Summe legt man bei beiden Routen gut 7 Kilometer zurück. Empfehlung: Zwei Tage einplanen, die begleitenden Texttafeln sind umfangreich und inhaltlich oft schwer verdaulich - in einem Durchgang kann man so viele Bilder eigentlich nicht wirklich aufnehmen.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte?
Fotografien aus fremden Kulturräumen benötigen erläuternde Texte. Mit Hintergrundinformation bleibt so manches schlichte wirkende Foto dann wohl für immer in Erinnerung: Erst ein Begleittext informiert darüber, warum das abgelichtete Ehepaar in einem ärmlich eingerichteten Zimmer alles andere als ein Familienportrait ist ... (nein, ich spoilere hier nicht)
Dreimal zum Tode verurteilt
Ein Porträt, wie es im westlichen Kulturkreis völlig normal erscheint, bedeutet für die Porträtierte potenziell die dreifache Todesstrafe: Sie wurde unverschleiert, rauchend und am Steuer eines Autos fotografiert. Die Porträtierten waren sich bewusst, dass sie für ein Kunstprojekt posieren und welche Konsequenzen das haben kann. .... Chapeau!
Fotografie ist relevant!
Die ausgewählten Projekte machen deutlich: Fotografie ist wichtig! Die Anzahl der Fotos, die wir täglich machen, steigt und steigt, und das verändert auch unser Denken. Nicht mehr wie früher mit Stativ und nur 12 Bildern pro Film. Fotografien wirken ohne Text unmittelbar - die gezeigten Arbeiten ermöglichen ein breiteres Verständnis der Welt und ihrer vielfältigen Kulturen.
Neben thematisch schweren und bedrückenden Arbeiten und Serien finden sich auch positive Bilder, die zeigen, dass nicht alles schlecht ist - ein Eindruck, der angesichts der unzähligen Hiobsbotschaften in den Medien leicht entstehen kann.
White Cubes war gestern
Das komplette Festival stellt die Fotografien im Freien aus - 24h am Tag bei freiem Eintritt! Besonders heuer ist es den Organisatoren besonders gut gelungen, die Serien wirklich gut in die Umgebung zu integrieren. Von kleinformatigen Arbeiten auf schwarzen, unscheinbaren Pfählen bis hin zu mehrere Stockwerke hohe Fotowände mit 200 m2 Fläche reichen die Formate.
Ein Besuch war jedenfalls viel zu wenig - ich komme wieder und werde mir dann auch die Stadtrunde mit Arbeiten von Horst Stasny und Rudolf Koppitz ansehen!