Keeping up with the Penthesileas im Kosmos Theater
Die Amazonen waren in der griechischen Mythologie heldenhafte Kämpferinnen, die nur zur Fortpflanzung mit Männern Kontakt suchten und über eigene Reiche herrschten. In Heinrich von Kleists gleichnamigem Drama ist Penthesilea die Königin der Amazonen, die von Mars ein Volk geschenkt bekommt, aus dem sie sich im Kampf die Männer zur Fortpflanzung erobern. Nur die Mädchen werden am Leben gelassen, die Jungen getötet. In die Gegenwart übertragen zeigt "Momager", die Bezeichnung für eine Mutter, die gleichzeitig Manager ihrer Söhne und Töchter ist, Kris Jenner, wie man das Maximum aus dem Geldbeutel der Follower der Generation Social Media herausholt und Feminismus praktischerweise die eigenen (wirtschaftlichen) Zielen unterstützt.
"It seems nobody wants to work these days."
Das berühmte Zitat von Kim Kardashian als gut gemeinter Business-Tipp, von ihrer Schwester Kourtney Kardashian umgehend mit "That's so true" kommentiert, kann wohl nur als Gipfel einer Weltsicht gesehen werden, die strukturelle und soziale Ungleichheiten verharmlost. Man muss sich nur ein bisschen anstrengen, dann ist alles möglich! Wenn man nur wirklich will, wird der amerikanische Traum wahr - versprochen!
Aber feministisches Empowerment bringt allen Frauen etwas…
… oder verhalten sich die (meist weißen, gut ausgebildeten) Frauen dann etwa genauso wie ihre männlichen Vorgänger? Ist das Patriarchat nicht viel mehr die Summe von Regeln und Verhaltensweisen, die die Kardashians sich nur angeeignet und für sich perfektioniert haben, um ihre Produkte bestmöglich zu verkaufen?
Das Stück "Keeping up with the Penthesileas" im Kosmos Theater, angelehnt an die TV-Show der Kardashians, spitzt sich rasant um den Clash der Kardashians und Penthesileas Amazonen zu. Wie viel weißer Feminismus ist zu viel? Wie sind die perfekten Inszenierungen von Kris Jenner und ihren Trainee-Töchtern zu Themen wie Selbstvermarktung, die Manipulation der Follower in den sozialen Medien und die immer neue Erfindung von Produkten und Weiterentwicklung der "Marke" zu bewerten?
Furios inszeniert in einer Wrestling-Kampfarena geben die Schauspieler*innen dabei (auch körperlich!) alles - immerhin wurden sie speziell von einer Wrestlerin trainiert. Unterstützt wird die Inszenierung vom wunderbar stimmungsvoll abgestimmten Lichtdesign auf der Kosmos-Bühne, die an zwei Seiten mit Zuschauerrängen ausgestattet ist.
Am Ende bleibt mir nur noch ein Zitat aus dem Stück: "Produkte sind die schönsten Mythen" (!)
Mehr Fotos finden sich auf meiner Galerie.
KEEPING UP WITH THE PENTHESILEAS - Kosmos Theater
from white feminism to neoliberal feminism eine quasimythologische remythifizierung
von Thomas Köck & Mateja Meded
Österreichische Erstaufführung | Eigenproduktion
Premiere: Di, 13. Feb. 2024 | 20:00
Weitere Termine: 15./16./17./21.*/22.**/23./24./28./29. Feb. & 1./2. März | 20:00
* Einführungsgespräch um 19:00 | ** Publikumsgespräch im Anschluss
Dauer: 100 min, Sprachen: Deutsch & Englisch | ohne Übertitel
Regie: Anna Marboe
Ausstattung: Mirjam Stängl
Dramaturgie: Anna Laner
Regieassistenz: Mana Malena Samadzadeh
Mitarbeit Ausstattung: Lauren Müller
Dramaturgiehospitanz: Leoni Reilly
Wrestling Training: Selina Nowak aka. Zelina Power
Lichtgestaltung: Dulci Jan
Ton: Karl Börner
Mit: Pilar Borower, Nina Fog, Edwarda Gurrola, Martin Hemmer, Hannah Joe Huberty, Isabella Knöll, Christoph Radakovits