Raffael in der Albertina - nahe rangehen und groß-Art-iges entdecken
Raffael ist einer der bekanntesten Renaissancemaler aus Italien. Seine lieblichen Mariengemälde finden sich auf vielen touristischen Artikeln. Die Albertina Wien widmet dem Künstler nun eine umfangreiche Schau mit rund 130 Zeichnungen sowie 18 Gemälden und konzentriert sich dabei auf seine Vorstudien zu den Gemälden. Möglich wurde diese große Anzahl von Werken durch die Zusammenarbeit mit internationalen Museen, allen voran dem Ashmolean Museum of Art and Archaeology in Oxford.
Ich konnte mir im Rahmen einer Social Conference (eine Art Pressekonferenz für Blogger und Social Media Experten) bei einer Führung mit Kurator Dr. Achim Gnann einen Eindruck von der Ausstellung verschaffen.
Raffael zählt gemeinsam mit Leonardo da Vinci und Michelangelo zu den bedeutendsten Meistern und galt bis ins 19. Jahrhundert als der größte Maler aller Zeiten. Neben seinen Erfolgen in Florenz und Rom war er auch Bauleiter des Petersdomes. Seine Gemälde zeichnen sich durch eine durchdachte Komposition aus und seine lieblich gestalteten Portraits machen sein Werkzumindest vordergründig leicht zugänglich.
Die Ausstellung zeigt aus allen Perioden des Schaffens Beispiele: Von der frühen umbrischen Zeit bis 1504, die Jahre in Florenz (1504/1505 - 1508) und seine Zeit in Rom (1508/1509 - 1520). Er starb früh und wurde nur 37 Jahre.
Das Besondere an der chronologisch orientierten Schau ist allerdings die Betonung der Arbeits- und Denkprozesse von Raffael. Diese werden in den Zeichnungen, welche oft Vorstudien für Gemälde waren, sehr klar erkennbar. Raffael verwendete alle damals bekannten Techniken für seine Skizzen: Feder, Kohlestift, Silberstift (eine schwer zu korrigierende Methode) oder Rötelstift. Oftmals sind die Zeichnungen und Skizzen aber detailgenauer als im später angefertigten Gemälde und verdienen so eine Betrachtung als eigenständiges Kunstwerk. Durch die kleinformatigen Blätter muss man nahe herangehen und genau hinsehen. Dann aber entdeckt man groß-Art-iges! Der Kurator Dr. Archim Gnann nannte seinen Stil “ökonomisch” in dem Sinne, dass er mit präzise platzierten Strichen plastische Körper und Portraits zaubert. Selbst Schraffierungen sind oft nur mit wenigen, einzeln noch gut erkennbaren Strichen realisiert. Eine Dynamik und Lebhaftigkeit, die man in späteren Bildern in Öl so nicht mehr erkennen kann.
In einer ersten Reaktion wünschte ich mir mehr vollständige Gemälde neben den Zeichnungen, um diese mit der endgültigen Realisierung zu vergleichen. Wenn man sich aber länger auf die Blätter einlässt, würdigt man diese als eigenständig und bewundert zum Beispiel die anatomische Korrektheit seiner Linienführung selbst bei komplexen oder unüblichen Körperhaltungen.
Die Ausstellung wurde in einem klaren Farbschema von Rot und Blau gehalten - vielleicht eine Anlehnung an die “Madonna im Grünen”, eines der bekanntesten Gemälde von Raffael welches im Kunsthistorischen Museum Wien hängt, aber aus konservatorischen Gründen nicht in die Albertina transportiert werden konnte. Daneben wurden großformatige Schwarz-Weiß-Fotografien von wichtigen Orten wie zum Beispiel seinem Bestattungsort, dem Pantheon in Rom, eingearbeitet.
Die dynamischen und bisher in der Anzahl nicht ausgestellten Werke vom Universalgenie der Hochrenaissance sind noch bis 7. Jänner 2018 in der Wiener Albertina zu sehen (täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr, Mi & Fr 10.00 bis 21.00 Uhr).